Reibungslose Nachfolgeplanung: Best-Practice in 9 Schritten

Moderne Führung
Best-Practices bei der Nachfolgeplanung von Top-Führungskräften

Schon kurz nach der Übernahme gerät der Nachfolger des so beliebten Chefs ins Straucheln. Kollegen grenzen ihn aus. Mitarbeiter verweigern die Zusammenarbeit. Das so wichtige Change-Projekt droht zu scheitern, bevor es überhaupt begonnen hat. So sieht es aus, das typische Ergebnis eines schlechten Nachfolgemanagements. Nach meiner eigenen Zeit im Top-Management und über 30 Jahren Erfahrung im Führungskräfte-Coaching kenne ich Szenarien wie diese gut – und weiß auch, wie sie sich vermeiden lassen.

In diesem Beitrag zeige ich Ihnen, wie der Best-Practice bei der Nachfolgeplanung aussieht – in 9 bewährten Schritten. Wie immer angereichert mit Fallbeispielen aus meiner Coaching-Praxis.

Inhaltsverzeichnis

  1. Beginnen Sie frühzeitig mit der Nachfolgeplanung
  2. Grenzen Sie Ihre Auswahl ein
  3. Binden Sie alle Stakeholder in den Auswahlprozess ein
  4. Hinterfragen Sie die Motivation von internen Nachfolgern
  5. Vertrauen Sie auf Ihre eigene Einschätzung
  6. Kommunizieren Sie klar Ihre Erwartungen
  7. Lassen Sie jeden Rollenwechsel von einem Führungskräfte-Coach begleiten
  8. Kommunizieren Sie die internen Spielregeln
  9. Halten Sie die Übergangsphase kurz

1.) Beginnen Sie frühzeitig mit der Nachfolgeplanung

Der Erfolg Ihres Unternehmens hängt maßgeblich an Ihren Top-Führungskräften. Das gilt prinzipiell für alle C-Level-Positionen, für den CEO-Posten aber ganz besonders. Umso wichtiger ist es, dass die Positionen durchgehend besetzt werden. In der Praxis ist das leider nicht immer der Fall. Schon mehrfach habe ich erlebt, dass eine Spitzen-Führungskraft kündigen wollte oder gesundheitlich über lange Zeit ausfiel – und diese Ankündigung Entscheider kalt erwischte, weil Sie keinen Notfall-Plan in der Hinterhand hatten.

Daher lautet mein Rat an Sie: Beginnen Sie mit der Nachfolgeplanung für das C-Level – insbesondere für Ihren CEO – so früh wie möglich. Idealweise schon beim Amtsantritt des Top-Managers. Das heißt:

Sie haben noch keinen Plan B für die Besetzung Ihrer Top-Positionen? Dann ist es jetzt allerhöchste Zeit, diesen auszuarbeiten!

2.) Grenzen Sie Ihre Auswahl ein

Sobald sich abzeichnet, dass ein Nachfolger für eine wichtige Position gebraucht wird, beginnen Sie damit, mögliche Kandidaten zu sichten. Mein Tipp: Beschränken Sie sich auf zwei, maximal drei Kandidaten, denen Sie zutrauen, Ihre Erwartungen zu erfüllen – und laden Sie diese zu Vorstellungsgesprächen ein. In die engere Auswahl sollten es nur Kandidaten schaffen, die die zwei bis drei entscheidenden Eigenschaften mitbringen, die es braucht, um in der spezifischen Situation und um in Ihrem speziellen Unternehmen Erfolg zu haben. Deren Karrierestatus ist dabei zweitrangig, das Geschlecht egal. Und die charakterliche Eignung viel wichtiger als Skills. Auch Schwächen sind in Ordnung (die hat jeder Mensch), solange sie für die jeweilige Position akzeptabel sind. 

3.) Binden Sie alle Stakeholder in den Auswahlprozess ein

Ich erinnere mich noch gut an meine Klientin Susanne P. Ihr Vorgänger Theo K. – ein C-Level, der im Unternehmen sehr geschätzt wird – wechselte innerhalb eines DAX-40 Unternehmens. Gemeinsam mit seiner Vorgesetzten, der Deutschland-Chefin, machte er sich auf die Suche nach einem Nachfolger. Nach einem intensiven Brainstorming und der Sichtung möglicher Kandidaten fiel die (vorläufige) Wahl auf meine Klientin Susanne. Theos Einschätzung: „Die ist super. Die kann den Job mit all seinen zukünftigen Herausforderungen besser als ich.“ An dieser Stelle schien alles klar zu sein, war es aber noch nicht. Denn die Deutschland-Chefin holte auch noch alle wichtigen Stakeholder an Bord, die die Eignung der Kandidatin nochmal sehr genau prüfen sollten. Über einen längeren Zeitraum hinweg führte Susanne viele Gespräche. Mit Theo, mit der Deutschland-Chefin, mit dem CFO, der eng mit ihr zusammenarbeiten wird. Am Ende waren alle Beteiligten von der Eignung Susannes überzeugt und entschieden sich für sie.

Genau so muss es ablaufen! Nicht nur Verantwortliche und Weiterziehende sollten über Kandidaten entscheiden. Sondern alle Personen, die künftig gemeinsam mit dem Nachfolger den Erfolg des Unternehmens sicherstellen müssen. Und zwar im Rahmen eines offenen und transparenten Austauschs.

4.) Hinterfragen Sie die Motivation von internen Nachfolgern

Aus Erfahrung weiß ich: Werden Stellen intern besetzt, klappt die Nachfolge häufig scheinbar reibungslos. Im Nachhinein allerdings treten nicht selten plötzlich Konflikte auf, die das gesamte Unternehmen in Schieflage bringen können. Besonders bei der Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen sehe ich dieses Worst-Case-Szenario immer wieder.

Was also passiert hier? Ganz einfach: Die internen Nachfolger haben über die Jahre eine enge Beziehung zu ihrem Chef aufgebaut, teilweise sind es sogar die eigenen Kinder, die an die Spitze folgen sollen. Auf die Frage, ob sie Geschäftsführer werden oder eine sonstige strategisch wichtige Position besetzen möchten, sagen sie daher sofort ja. Nicht aus innerer Überzeugung, sondern schlicht aus einer Mischung aus Stolz, Loyalität und Pflichtbewusstsein heraus. Schließlich möchte man den so geschätzten Chef doch nicht enttäuschen. Erst recht nicht, wenn es der eigene Vater oder die eigene Mutter ist. Das allerdings geht selten gut. Irgendwann wird der (ungewollte!) Druck ganz oben zu groß, die eigene Performance leidet – und das ganze Unternehmen bekommt es zu spüren.

Daher mein Rat an Sie: Fühlen Sie internen Nachfolgern, die eine enge Beziehung zu ihrem Vorgänger haben, ganz genau auf den Zahn. Sind diese tatsächlich heiß auf die Position, weil sie hier – im Sinne des Unternehmens – so richtig etwas bewegen können? Oder handeln Sie schlicht aus Pflichtgefühl heraus?

5.) Vertrauen Sie auf Ihre eigene Einschätzung

Manchmal passt es einfach. Die Erfahrung ist da, die Chemie stimmt, die Motivation ist spürbar. Es scheint, als hätten Sie den optimalen Nachfolger gefunden. Doch dann wird die Führungskraft zum Assessment-Center geschickt – ein Standardprozess in vielen Unternehmen. Das überraschende Fazit: „Für den Posten ist der Kandidat nicht geeignet.

Viele meiner Klienten kennen dieses Spiel und die frustrierenden Einschätzungen externer oder interner Diagnostik-Center. So auch Christian Z., der die Nachfolge des Institutsleiters antreten sollte. Längst hatte er mit seiner Persönlichkeit, seiner Präsentation und seinem langfristigen Plan für das Unternehmen sämtliche Entscheider auf seine Seite gezogen. Und dann die vernichtende Nachricht des Diagnostik-Centers: „Wir empfehlen ihn NICHT für die Institutsleitung.“ Angeblich sei Christian nicht dominant genug. Hätte nicht genug Durchsetzungsvermögen. Oder kurz: Er entsprach als introvertierter, aber sehr engagierter Könner und Leistungsträger nicht der typischen Rolle eines Top-Managers, der sich gorilla-gleich auf der Brust herumtrommelt. Damit fiel er durchs Raster des Centers, das Kandidaten auf ein immergleiches standardisiertes Persönlichkeitsprofil abklopft – und leider viel zu oft nicht die spezifische Eignung eines Kandidaten für die spezielle Rolle in einem bestimmten Unternehmen prüft.

Zum Glück für Christian und sein Unternehmen folgten die Entscheider nicht der Empfehlung des Assessment-Centers. Und auch Sie sollten sich bei der Wahl des Nachfolgers nicht blind auf die Einschätzung Ihres Diagnostik-Centers verlassen!

6.) Kommunizieren Sie klar Ihre Erwartungen

Gerade wenn Inhaber Ihre Position abgeben, geht es oft nicht nur darum, einen für das Unternehmen geeigneten Nachfolger zu finden. Gründer und Gesellschafter wollen häufig, dass ihr Vermächtnis weitergetragen wird. Daran ist nichts falsch. Allzu oft kollidieren die eigenen Erwartungen allerdings am Ende mit den Vorstellungen des Wunschkandidaten. Nicht etwa, weil dieser für die Position nicht geeignet wäre. Sondern, weil ihm nicht frühzeitig kommuniziert worden ist, wie genau das Lebenswerk des Gründers fortgeführt werden soll.

Die Folge: Obwohl er sich eigentlich aus dem operativen Geschäft zurückziehen wollte, mischt sich der Gründer immer wieder ein. Betreibt lästiges Mikromanagement. Und untergräbt Stück für Stück die Autorität seines Nachfolgers – ohne die katastrophalen Folgen für das eigene Unternehmen zu bemerken.

Stellen Sie sicher, dass Ihnen das nicht passiert – und kommunizieren Sie Ihre Wünsche und Erwartungen klar an Ihren Nachfolger.

7.) Lassen Sie jeden Rollenwechsel von einem Führungskräfte-Coach begleiten

Das C-Level ist wirklich eine ganz andere Welt. Ich habe es immer wieder gehört. Jetzt glaube ich es.“ So fasste eine Klientin, die gerade zur Partnerin in einer Unternehmensberatung aufgestiegen war, ihre Erfahrungen zusammen. Tatsächlich werden gerade Neueinsteiger sehr häufig von der indirekten Kommunikation, der (Macht-)Politik und den Hidden Agendas an der Spitze überrascht. Aber auch Quersteiger, die in einem anderen Unternehmen bereits Erfahrung im C-Level sammeln konnten, werden nicht selten eiskalt von der unbekannten Unternehmenskultur und Kommunikation in ihrem neuen Unternehmen erwischt. Allzu oft leider mit dem Ergebnis, dass sie vorzeitig kündigen – und die Nachfolgesuche von vorne beginnen muss. Halten Sie sich vor Augen: Gerade bei wichtigen Stellen verliert Ihr Unternehmen in Folge dieser Rückschläge beim Nachfolgemanagement Geld. Nicht selten geht es um Millionenbeträge.

Neben einem ausführlichen Onboarding ist die beste Versicherung gegen einen solchen Rückschlag, das frühzeitige Einbeziehen eines erfahrenen Führungskräfte-Coaches. Von genau diesem Vorgehen profitierte auch meine Klientin Eleonora K., die eine neue Top-Position übernehmen sollte. Für ihr Unternehmen stand fest: „Klar übernehmen wir die kompletten Kosten. Das sollte das Unternehmen doch investieren können.

Gut zu wissen: In meinem Führungskräfte-Coaching begleite ich C-Level, Vorstände und Top-Manager seit über 30 Jahren erfolgreich bei ihrem Einstieg in eine neue Rolle.

8.) Kommunizieren Sie die internen Spielregeln

Noch einmal: Jede C-Level-Position ist anders. Und auch jedes Unternehmen ist einzigartig. Gehen Sie daher nicht davon aus, dass sich designierte Nachfolger nach ihrem Start auf magische Weise von selbst zurechtfinden werden. Geben Sie diesen stattdessen frühzeitig Tipps und Hinweise mit auf den Weg, die über ein Standard-Preboarding hinausgehen. Ganz wichtig dabei: Kommunizieren Sie die internen Spielregeln, die (nur) in Ihrem Unternehmen gelten. Denn was für die langjährigen Top-Führungskräfte in Ihrem Unternehmen selbstverständlich sein mag, ist deren Nachfolgern in der Regel nicht klar.

Fallbeispiel: Meine Klientin Veronika F. hatte als externe Aufsteigerin in der Konzernspitze angefangen. Schnell stellte sie jedoch fest, dass sie von ihren Mitarbeitern und Kollegen kühl und distanziert behandelt wurde. Als sie schließlich den Grund herausfand, war sie sprachlos: Als sie an ihrem ersten Tag in die Kantine ging, hatte sie die (ihr unbekannte) Regel missachtet, zunächst alle zu grüßen und sich „unters Volk“ zu mischen, wie es im Unternehmen üblich war. Damit war sie als „arrogante Tante“, die sich für etwas Besseres hielt, gebrandmarkt. Entsprechend holprig verlief auch ihr Start. 

9.) Halten Sie die Übergangsphase kurz

Eine Einarbeitungszeit durch den Vorgänger kann hilfreich sein, bevor der Staffelstab weitergereicht wird. Gerade, wenn der Nachfolger extern besetzt wird – und Akzeptanzproblemen des „Neuen“ vorgebeugt werden soll. Allerdings sollten hierbei einige Voraussetzungen erfüllt sein:

Ganz wichtig: Halten Sie die Übergangsphase kurz! Spätestens nach sechs Monaten sollte der gewählte Nachfolger seine Position regulär bekleiden können. Anderenfalls kommt es im Team fast zwangsweise zu Unklarheiten, was die Entscheidungsbefugnisse angeht.

Herzliche Grüße

Gudrun Happich

Gudrun Happich

PS: Sie suchen (oder sind designierter) Nachfolger einer bedeutenden C-Level-Position – und wollen von Beginn an alles richtig machen? Dann kontaktieren Sie mich unter info@galileo-institut.de. Gemeinsam erarbeiten wir eine Strategie für ein Nachfolgemanagement, das genau auf Sie und Ihr Unternehmen zugeschnitten ist!

Bild: yurolaitsalbert / stock.adobe.com

Schlagwörter: NachfolgemanagementNachfolgeplanungNachfolgeregelung

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