Vorstellungsgespräch Führungskraft: Auf diese Fragen sollten Sie eine Antwort kennen

Egal, ob Sie C-Level, Vorstand oder Geschäftsführer werden wollen, am Vorstellungsgespräch führt kein Weg vorbei. Hier müssen Sie sich den bohrenden Fragen der Entscheider stellen – und sollten glaubwürdige Antworten parat haben. In diesem Artikel zeige ich Ihnen, mit welchen Fragen Sie rechnen müssen, und gebe Ihnen wertvolle Impulse für überzeugende Antworten an die Hand. Am Ende dieses Beitrags können Sie auf folgende Fragen souverän antworten:
- Warum sollten wir uns für Sie entscheiden? Was zeichnet Sie aus?
- Warum wir? Was reizt Sie an unserem Unternehmen?
- Wie unterscheiden Sie sich von anderen Kandidaten?
- Was treibt Sie an? Warum wollen Sie C-Level bei uns werden?
- Wie können Sie die größte Herausforderung des Unternehmens lösen?
- Wie mache ich eine Idee groß und skaliere sie?
- Was sind die wichtigsten Wendepunkte in Ihrem bisherigen persönlichen und beruflichen Werdegang?
- Wie würden Ihre engsten Mitarbeiter Sie beschreiben?
- Angenommen Sie bekommen den Job: Wie sehen Ihre ersten Wochen und Monate aus?
- Wie lösen Sie Konflikte? Wie handeln Sie schwierige Mitarbeiter?
10 Fragen, die Ihnen im Bewerbungsgespräch als Top-Manager begegnen
Egal, auf welche konkrete Position im Top-Management Sie sich bewerben. Es gibt eine Reihe von Fragen, die Führungskräfte im Vorstellungsgespräch so oder in Variation sehr häufig gestellt bekommen. Einige kenne ich noch aus meiner Zeit als Top-Managerin. Von anderen haben mir meine Klienten berichtet, die sich entweder in der Rolle des Bewerbers oder des Entscheiders befunden haben.
Wenn Sie aus dem mittleren Management kommen, werden Sie schnell merken, dass sich die Fragen oftmals grundlegend von Ihren bisherigen Vorstellungsgesprächen unterscheiden. Dass liegt daran, dass Sie nun nicht mehr als Problemlöser eingestellt werden – sondern als Erfolgsgarant. Diesen Rollenwechsel sollten Sie verinnerlicht haben, bevor Sie die Bewerbung als C-Level angehen.
Die Liste ist ganz sicher nicht erschöpfend. In vielen Fällen können Sie Ihre Chance auf die Wunschposition aber erhöhen, wenn Sie sich auf die folgenden 10 Fragen im Vorfeld eine überzeugende Antwort zurechtgelegt haben. Wichtig dabei: Werben Sie für sich, aber wecken Sie keine falschen Erwartungen! Es ist im Interesse aller Parteien, wenn Sie auf die Ihnen gestellten Bewerbungsfragen ehrlich antworten. Am besten, Sie orientieren sich am Rat des französischen Philosophen Voltaire: „Alles, was du sagst, sollte wahr sein, aber nicht alles was wahr ist, solltest du auch sagen.“
1.) Warum sollten wir uns für Sie entscheiden? Was zeichnet Sie aus?
Vorsicht, bei dieser Frage sind Entscheider sehr wahrscheinlich nicht in erster Linie an Ihrer fachlichen Expertise interessiert. Diese steht außer Frage, sonst hätten Sie es vermutlich gar nicht ins Vorstellungsgespräch geschafft. Das unterstreicht auch die Antwort, die ein Interessent bei der Bewerbung auf eine Top-Position in einem Familienunternehmen auf seine Rückfrage zu hören bekam: „Herr K., Sie sind Anfang 50. Aus Ihrem Lebenslauf lese ich, dass Sie Ihren Job können, sonst wären Sie nicht so erfolgreich. Für uns ist viel entscheidender, ob Sie zu uns PASSEN, und wir zu Ihnen.“
Stattdessen sind die Personaler an Ihrer Persönlichkeit, Einstellung und inneren Haltung interessiert. Das sind die Führungsqualitäten, die an der Spitze wirklich zählen. Idealerweise können Sie anhand von konkreten Beispielen illustrieren, dass Sie
- Entschlossenheit besitzen,
- Menschen überzeugen, begeistern und motivieren können,
- anpassungsfähig und vorausschauend sind,
- Integrität haben und
- absolut zuverlässig sind.
Indem Sie nicht (nur) mit Ihren fachlichen Qualifikationen auf die Frage antworten, zeigen Sie, dass Sie die Anforderungen an der Spitze verstanden haben – und haben bei den Entscheidern direkt einen Stein im Brett.
2.) Warum wir? Was reizt Sie an unserem Unternehmen?
Frage Nummer 1 lässt sich auch umkehren. Aus „Wie passen Sie zu uns?“ wird dann „Wie passen wir zu Ihnen?“ Denn nur, wenn beide Seiten gut zusammenpassen, besteht auch längerfristig die Chance auf eine fruchtbare Zusammenarbeit. Und vielen Entscheidern ist sehr viel an Sicherheit und Stabilität gelegen. Aus gutem Grund: Eine Firma, die ständig Ihr Top-Management austauscht, wirkt wenig attraktiv. Gleichen die Chef-Positionen dem berüchtigten Schleudersitz, wirkt sich das nicht nur auf die Moral der Mitarbeiter aus, sondern kann auch Kunden, Partner und Zulieferer verprellen.
Ich rate Ihnen daher, sich vor Ihrem Vorstellungsgespräch als Führungskraft intensiv mit dem Unternehmen auseinanderzusetzen. Orientieren können Sie sich bei Ihrer Recherche an folgenden W-Fragen:
- WAS für ein Unternehmen ist es? (Start-up, Mittelstand, öffentlicher Bereich, Konzern?)
- WIE sieht die Organisation aus? (Familienunternehmen (in Nachfolgeplanung?), inhabergeführt, börsennotiert?)
- WELCHE Unternehmensstruktur besteht? (zentral oder dezentral, national oder international?)
- WO steht das Unternehmen derzeit? (sanierungsbedürftig, gut abgesichert, Aufsteiger?)
- WOHIN entwickelt sich das Unternehmen? (Globalisierung, Wachstum, Verkleinerung, Börsengang, Verkauf?)
- WELCHE Führungskultur herrscht im Unternehmen? (Hierarchien, moderne Führung?)
Ebenso spannend ist es, mehr über die Zukunftsplanung herauszufinden. Soll alles so bleiben, wie es ist? Oder stehen grundlegende Änderungen an? Wenn ja: welche – und warum? Antworten auf diese Fragen erhalten Sie erfahrungsgemäß eher im persönlichen Gespräch als über die Medien. Trotzdem lohnt es sich, bereits im Vorfeld öffentlich zugängliche Informationen einzuholen und im Vorstellungsgespräch fokussierter nachzufragen.
3.) Wie unterscheiden Sie sich von anderen Kandidaten?
Gerade, wenn Sie sich extern auf eine Position im C-Level oder Vorstand beworben haben, sind Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht der einzige Bewerber. Gut möglich also, dass man ganz konkret von Ihnen wissen will, was Sie anderen Kandidaten voraushaben. Im Kern zielt die Frage also auf Ihre Erfahrungen und Stärken ab – und klopft damit indirekt auch Ihre Schwächen ab.
Mein Tipp: Wenn Sie (noch) nicht mit Rollen-Erfahrung punkten können, dann beeindrucken Sie mit Inhalten! Werden Sie konkret und schildern Sie, wie Sie Transformationsprozesse gewuppt und schwierige Situationen gemeistert haben. Und vergessen Sie nicht, die Ergebnisse für das Unternehmen hervorzuheben, die sich eindeutig auf IHREN Erfolg zurückführen lassen.
4.) Was treibt Sie an? Warum wollen Sie C-Level bei uns werden?
Die Frage nach Ihrer Motivation ist ein echter Klassiker. Natürlich ist allen Beteiligten klar, dass Gehalt, die Aussicht auf attraktive Boni oder Beteiligungen und Vorzüge wie die Option auf das Führen in Teilzeit bei Ihrer Entscheidung eine Rolle spielen. Es geht hier aber weniger um die externen Faktoren als um Ihre intrinsische Motivation. Wofür brennen Sie – und wie können Sie diesen inneren Antrieb in Ergebnisse für das Unternehmen ummünzen? Wollen Sie im Sinne des Unternehmens etwas bewegen? Oder geht es Ihnen vor allem darum, andere zu beeindrucken und Ihre eigene Reputation zu steigern?
5.) Wie können Sie die größte Herausforderung des Unternehmens lösen?
Diese Frage wird nicht immer direkt gestellt, sie schwingt aber in vielen Formulierungen mit. Gerade, wenn es um die Rolle des Geschäftsführers oder eine Position im Vorstand geht. Das ist Ihre Chance zu zeigen, dass Sie die richtige Frau oder der richtige Mann für den Job sind. Denn jetzt haben Sie die Gelegenheit, Ihre Strategie-Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. An dieser Stelle können, dürfen und sollen Sie groß denken und eine strategische Vision für die Zukunft des Unternehmens zeichnen. Eine solche haben Sie sich daher besser bereits vor dem Bewerbungsgespräch als Führungskraft im Top-Management zurechtgelegt.
6.) Wie mache ich eine Idee groß und skaliere sie?
Eine, wie ich finde, sehr gute Frage, die die BMW-Personalvorständin Ilka Horstmeier Bewerbern regelmäßig stellt. Einerseits wird hier ebenfalls an Ihre Fähigkeit zum strategischen Denken angeknüpft. Andererseits können Sie an dieser Stelle auch zeigen, dass Sie wissen, wie sich Unternehmensziele operativ umsetzen und konkrete Ergebnisse erreichen lassen. Am besten können Sie jetzt bereits mit einem anschaulichen Beispiel auftrumpfen. Besonders eindrucksvoll ist es, wenn dieses aus ihrer eigenen Führungspraxis stammt. Aber auch ein Best-Practice-Beispiel aus einem anderen – idealerweise branchennahen – Unternehmen kommt gut an.
7.) Was sind die wichtigsten Wendepunkte in Ihrem bisherigen persönlichen und beruflichen Werdegang?
Diese Frage stellt Sarena Lin, die Arbeitsdirektorin von Bayer, jedem Bewerber. Die Frage ist sehr persönlich – und genau das soll sie auch sein. Denn im Top-Management überzeugen Sie neben Inhalten vor allem durch Persönlichkeit. Anpassungsfähigkeit gilt dabei als einer der wichtigsten Persönlichkeitsfaktoren, den Führungskräfte mitbringen müssen. Berichten Sie daher, wie Sie mit beruflichen und persönlichen Misserfolgen, Schicksalsschlägen und Herausforderungen umgegangen – und wie Sie an diesen gewachsen sind.
8.) Wie würden Ihre engsten Mitarbeiter Sie beschreiben?
Die Frage ist ein weiterer Weg, Ihre Stärken und Schwächen auszuloten. Aber auch auf Ihre Teamfähigkeit und Persönlichkeit lassen sich Rückschlüsse ziehen. Sie sollten dabei so ehrlich wie möglich antworten. Wenn Sie in Ihrer neuen Rolle eng mit anderen Spitzen-Führungskräften zusammenarbeiten müssen, ist es essenziell, dass die Chemie zwischen den Teammitgliedern stimmt. Insbesondere, wenn Sie eine Position in einem Topsharing Modell besetzen sollen. Zum Beispiel als Teil eines Führungstandems.
9.) Angenommen Sie bekommen den Job: Wie sehen Ihre ersten Wochen und Monate aus?
Lassen Sie alles auf sich zukommen – getreu dem Motto „wird schon werden“? Oder haben Sie einen Plan für die Zeit des Onboardings und die Monate danach? Sie ahnen es: Wer auf diese Frage mit einem Handlungsleitfaden – und dem Wissen, das Dinge gerade im Top-Management auch anders als geplant laufen können – antwortet, hat deutlich bessere Aussichten auf den Job. Fragen, die Sie bei Ihrer Antwort berücksichtigen sollten:
- Wissen Sie, in welche Fußstapfen Sie treten und können Sie diese ausfüllen?
- Wie muss Ihr Unternehmen Sie für ein gelungenes Onboarding unterstützen?
- Wollen Sie ein Führungskräfte-Coaching – und haben Sie bereits einen passenden Coach an der Hand?
- Wie wollen Sie erste Impulse setzen, Glaubwürdigkeit gewinnen und Dinge vorantreiben?
Tipp: Wenn Sie auf Empfehlung eingeladen worden sind, für die meisten Stakeholder und Entscheider im Unternehmen aber noch ein großes Fragezeichen sind, sollten Sie auch diese Rolle bei Ihrer Antwort berücksichtigen. So bekam eine Klientin, die sich auf eine C-Level-Position in einem DAX-40 Unternehmens bewarb von einem CFO, der Sie haben wollte, den Rat: „Sie müssen hier schnell den Einstieg schaffen und frühe Erfolge vorweisen. Und nach spätestens acht Monaten sollten Sie für die wesentlichen Entscheider hier im Konzern deutlich sichtbar sein.“
10.) Wie lösen Sie Konflikte? Wie handeln Sie schwierige Mitarbeiter?
Dass Ihre Interviewer mehr zu Ihren Leadership-Skills erfahren möchten, liegt in der Natur der Sache. Gerade die Themen Konfliktmanagement und der Umgang mit schwierigen Mitarbeitern sind dabei oft essenziell. Das gilt insbesondere dann, wenn schwierige Transformationsprozesse anstehen. Change-Projekte scheitern etwa besonders häufig am Widerstand von Mitarbeitern. Umso wichtiger ist es, dass Sie verdeutlichen, wie Sie Ihr Team an holen können. Und dass Sie „faule Äpfel“ erkennen und aussortieren können, bevor Sie das Team in Mitleidenschaft ziehen und das gesamte Projekt gefährden.
Fallbeispiel: 3 Fragen für den Vorstandsposten
Eine Vorstandsposition ist die Krönung der Karriere. Und auch der Weg an die Spitze führt im Regelfall über ein oder mehrere Gespräche. Die Fragen unterscheiden sich dabei teils deutlich von denen, die in „gewöhnlichen“ C-Level-Bewerbungsgesprächen gestellt werden. Immerhin wollen die Entscheider wissen, ob Sie wirklich das Zeug haben, die Zukunft des Unternehmens zu gestalten.
Nach meiner Erfahrung werden die folgenden drei Fragen in Variation immer wieder gestellt:
- Wie wollen Sie die nächsten 5 Jahre gestalten?
- Welche Rolle wollen Sie in welcher Phase einnehmen?
- Wofür stehen Sie?
Auf diese Fragen MÜSSEN Sie eine gute Antwort parat haben, wenn Sie Vorstand werden wollen. Auch meine Klienten können davon ein Lied singen.
Einem Klienten, der sich als Senkrechtstarter auf eine Vorstandsposition bewarb, waren diese Fragen völlig neu – und die Antworten fielen ihm nicht leicht. Trotzdem war er dankbar für die Fragen und bezeichnete Sie als „beste Bewerbungsfragen“, die er je gestellt bekommen hatte. Einem anderen Klienten, der mit 47 Jahren in den Vorstand eines Pharmakonzerns aufrücken wollte, wurden ganz ähnliche Fragen gestellt. Und da er sich im Rahmen unseres Coachings intensiv auf die (fast identischen!) Bewerbungsfragen vorbereitet hatte, konnte er auch mit souveränen Antworten überzeugen. Er bekam den Job.
Ein Bewerbungsgespräch ist keine Einbahnstraße: Stellen Sie Rückfragen!
Wahrscheinlich gehen Sie mit der Erwartung, gegrillt zu werden ins Vorstellungsgespräch. Sie können und dürfen den Spieß aber auch umdrehen. So zeigen Sie Ihren Gegenübern zugleich, dass es Ihnen nicht nur um den Job an sich geht. Sondern, dass Sie Ihre neue Rolle bestmöglich im Sinne des Unternehmens ausfüllen möchten. Rückfragen können sein:
- Warum wollen Sie MICH?
- Angenommen, Sie könnten sich den idealen Kandidaten backen: Wie sähe dieser aus?
- Was muss ich anstellen, um innerhalb von drei Monaten in Ungnade zu fallen?
- Was läuft in 1,5 Jahren anders, wenn ich Erfolg habe?
- Woran machen Sie meinen Erfolg fest? Nach drei Monaten, einem Jahr, 1,5 Jahren?
Diese Fragen mögen nicht besonders innovativ sein. Die Antworten zeigen aber ganz genau, was man von Ihnen erwartet – und dieses Wissen ist für den Erfolg in Ihrer neuen Rolle essenziell.
Herzliche Grüße

Gudrun Happich
PS: Sie möchten sich optimal auf die Fragen, die Ihnen als Top-Führungskraft im Vorstellungsgespräch gestellt werden könnten, vorbereiten? Dann kontaktieren Sie mich unter info@galileo-institut.de!
Bildquelle: insta_photos / stock.adobe.com