Interim Manager werden? Ein Pro und Contra
Als Retter in der Not ein Unternehmen vor der Pleite retten oder in kürzester Zeit einen neuen Geschäftsbereich aus dem Boden stampfen: Spannende Herausforderungen wie diese gehören bei Interim Managern zum Daily Business. Zugleich ist die Rolle des Managers auf Zeit aber extrem herausfordernd. In diesem Artikel zeige ich Ihnen,
- was die Aufgaben eines Interim Managers sind,
- welche Voraussetzungen Sie mitbringen sollten, wenn Sie Interim Manager werden wollen,
- welche Vor- und Nachteile mit der Position verbunden sind,
- was Sie aus realen Fallbeispielen aus meinem Coaching lernen können,
- wieso es wichtig ist, Ihre Motive für die Bewerbung als Manager auf Zeit frühzeitig zu klären, und
- wie wichtig ein Coach und Sparringspartner bei Ihrem Einstieg ins Interim Management ist.
Was ist ein Interim Manager?
Ein Interim Manager ist ein Manager auf Zeit. Meist wird er für einen Zeitraum von 3 bis 18 Monaten eingesetzt. In den letzten Jahrzehnten hat sich Interim Management auch in Deutschland etabliert. Neben Konzernen setzen auch immer mehr Mittelständler auf erfahrene Interim Manager. Die Gründe sind vielseitig. In der Regel werden Interim Manager aber immer dann berufen, wenn es irgendwo im Unternehmen „brennt“. Die „Feuerwehrleute“ unter den Managern müssen dann löschen. Typische Situationen, in denen Firmen auf Interim Manager setzen:
- akuter Führungskräftemangel
- Sanierungsfälle
- Restrukturierung
- Gründung, Verkauf oder Übernahme von Unternehmen
Theoretisch kann ein Interim Manager auch Führungspositionen im mittleren Management übernehmen. In der Praxis werden Manager auf Zeit aber vor allem im C-Level gesucht, häufig auch als Interim Geschäftsführer.
Dass das Thema Interim Management brandaktuell ist, zeigt auch die Info, die ich kürzlich von einer Personalberatung bekommen habe. Die Aussagen der Headhunter: Angesichts schwieriger Auswahlprozesse oder langer Kündigungs- und Sperrfristen der Kandidaten dauert es mitunter sehr lang, bis eine Stelle dauerhaft besetzt werden kann. So hat man sich entschlossen, für diese Übergangszeit Interim Manager zu vermitteln – und damit aus der Not eine Tugend zu machen.
Gekommen, um zu gehen
Das wichtigste Merkmal eines Interim Managers: Er kommt nicht um zu bleiben, sondern um zu gehen. In der Zwischenzeit muss er meist all die unangenehmen Dinge erledigen, die das Top-Management nicht selbst umsetzen kann oder will. Das heißt: Als Interim Manager dürfen Sie keine Rücksicht auf persönliche Beziehungen nehmen, sondern müssen immer das Ergebnis im Fokus haben. Sofern Sie nicht nur wegen kurzfristigem Personalmangel „aushelfen“, müssen Sie weder beliebt sein noch sich beliebt machen.
Das ist einer der Kernunterschiede zu klassischen Führungskräften, die eingestellt werden, um zu bleiben. Diese müssen von Anfang an auf eine gute Beziehung zu den wesentlichen Spielern achten – und können Dinge längst nicht so schnell bewegen wie ein Interim Manager. Eben weil sie Kontakte und Beziehungen BRAUCHEN, um langfristig erfolgreich zu sein.
Was Sie als Manager auf Zeit mitbringen müssen
Wenn Ihnen Krisenmanagement liegt, Sie gerne neue Unternehmen kennenlernen und im C-Level eine besondere Herausforderung suchen, kann das Interim Management eine Option sein. Möchten Sie Interim Manager werden, müssen Sie neben den obligatorischen Leadership-Skills vor allem zwei Fähigkeiten mitbringen.
- Sie brauchen Erfahrung. Und damit meine ich nicht, dass Sie schon viele Führungspositionen in wechselnden Bereichen bekleidet haben. Im Gegenteil. Interim Manager sind keine Generalisten, sondern Spezialisten. Für Unternehmen qualifizieren Sie sich als Interim Manager, wenn Sie langjähriger Branchenkenner UND nachweislich ein echter Problemlöser in Ihrem Arbeitsfeld sind.
- Sie müssen belastbar sein. Natürlich müssen Sie auch für andere C-Level-Positionen eine solide Stressresistenz mitbringen. Die psychische Belastung als Manager auf Zeit ist aber nochmal eine ganz andere Nummer. Immerhin arbeiten Sie nicht selten an Projekten, an denen die Zukunft des ganzen Unternehmens hängt. Zusätzlich zu der mitunter immensen Arbeitsbelastung müssen Sie immer wieder auch unbequeme Entscheidungen treffen, die an der Psyche nagen können.
Interim-Manager werden? Vor- und Nachteile einer Interimsposition
Den hohen fachlichen und psychischen Anforderungen zum Trotz: Ein Interimsposten kann durchaus Vorteile mit sich bringen. Arbeiten Sie als Manager auf Zeit erwarten Sie:
- Neue Perspektiven durch häufigere Unternehmenswechsel
- Höheres Gehalt als bei vergleichbaren Stellen
- Chance, in kürzester Zeit viel zu bewegen
- Weniger Machtspiele und Hidden Agendas (durch Ihren befristeten Einsatz werden Sie von anderen Führungskräften nicht als Bedrohung wahrgenommen)
Dem gegenüber stehen allerdings auch gewichtige Nachteile. Zu den wichtigsten gehören:
- Skepsis von Mitarbeitern gegenüber einer Interimsposition (Vertrauensproblem)
- Vergleichsweise geringe Einarbeitungszeit
- Hoher Erfolgsdruck
- Schwierige Entscheidungen (z.B. Kündigungen aussprechen)
- Häufige Unternehmenswechsel (finanzielle Polster erforderlich)
Wenn Sie Interim Manager werden wollen, sollten Sie die Pros und Contras des Jobprofils gründlich gegeneinander abwägen.
Warum Interim Geschäftsführer häufig die Drecksarbeit erledigen müssen
Ihnen muss bewusst sein: Als Interim-Manager müssen Sie mitunter harte Entscheidungen treffen – gerade, wenn Sie Sanierungsfälle und Restrukturierungsprojekte übernehmen. Viele Unternehmen holen externe Interim-Manager an Bord, wenn es darum geht, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Und dabei machen Sie sich zwangsweise die Hände schmutzig. Denn Sie müssen auch mal „aufräumen“ und Unangenehmes erledigen, das sich interne Top-Manager nicht trauen umzusetzen.
Ein Beispiel: 2012 holte der deutsche Automobilkonzern Opel gezielt Thomas Sedran als Interims-CEO ins Unternehmen. Diesem eilte der Ruf des „harten Sanierers“ voraus. Damit war er genau der richtige Mann für den Job, denn es mussten schnell einschneidende Entscheidungen getroffen werden. Aus Unternehmenssicht war Sedran erfolgreich. Für viele Mitarbeiter allerdings hatten seine (sehr wahrscheinlich notwendigen) Entscheidungen gravierende Folgen. Unter Sedrans Regie wurde das Opel-Werk in Bochum inklusive Lager geschlossen. Tausende verloren ihren Job. Eine dünne Haut können sich Interim-Manager nicht leisten.
Fallbeispiele aus dem Coaching
Im Folgenden möchte ich Ihnen vier konkrete Fallbeispiele aus meiner Coaching-Praxis vorstellen. Im Mittelpunkt stehen jeweils Interim Manager – aktiv oder in spe – die mit ganz unterschiedlichen Herausforderungen zu kämpfen haben.
1.) Unverhofft Interim Manager geworden? Sagen Sie rechtzeitig „Stopp“!
Nicht immer erfolgt die Entscheidung, Interim Manager zu werden, aus eigenem Antrieb. Vor allem intern bekommen Führungskräfte entsprechende Positionen allzu oft geradezu aufgedrängt. Meist, weil irgendeine Art von „Notfall“ (z.B. akuter Personalmangel) herrscht. Und bei Leistungsträgern und Könnern, die ohnehin gerne Verantwortung für ihr Unternehmen und Team übernehmen, stoßen sie selten auf taube Ohren.
So lief es auch bei einem Klienten aus meinem Executive Coaching. Dieser sollte interimsmäßig nicht eine, sondern gleich drei Führungspositionen übernehmen. Unter der Bedingung „maximal ein halbes Jahr“ dabei zu bleiben, sagte er zu. Nach neun Monaten hatte sich an der Situation jedoch nichts geändert – vor allem, weil die Unternehmensleitung selbst heillos überfordert und froh war, Aufgaben abgeben zu können. Meinem Klienten stand das Wasser unterdessen bis zum Hals. Nicht, weil er fachlich nicht geeignet gewesen wäre, sondern schlicht, weil er es mit unerfüllbaren Aufgaben zu tun hatte. Er musste erst lernen, „Stopp“ zu sagen – klar, konsequent und konstruktiv. Daraufhin bewegte sich die Unternehmensspitze schließlich.
Was ich mit diesem Beispiel sagen will: Wenn Sie nicht auf eigenen Wunsch, sondern auf Drängen Ihres Unternehmens hin Interim Manager werden, sollten Sie darauf bestehen, dass es bei der vereinbarten Zeitspanne bleibt. Anderenfalls führt die Mehrbelastung irgendwann fast zwangsweise zu Überforderung – und im schlimmsten Fall zu einem Burnout. Oder noch schlimmer: Ihre Leistung lässt nach, Sie machen Fehler und bekommen (berechtigterweise) Kritik, weil Sie Ihren Job bzw. Ihre Jobs nicht mehr ordnungsgemäß ausfüllen.
2.) Wenn die Interim-Position genau das Richtige ist
Während die einen möglichst schnell aus ihrer Interim-Rolle raus möchten, ist sie anderen unwissentlich geradezu auf den Leib geschneidert. Ein Beispiel: Ein Klient war unzufrieden, weil ihm intern gegen seinen Wunsch alle zwei Jahre ein neues Projekt übertragen wurde. Die Projekte liefen immer nach dem gleichen Schema ab:
- Er stellte alles auf den Kopf und hinterfragte kritisch.
- Er traf in der Sache gute, aber menschlich unangenehme Entscheidungen.
- Er hatte mit seinen Projekten IMMER Erfolg.
- Er war extrem unbeliebt bei seinen Mitarbeitern.
- Am Ende wollte man ihn loswerden.
Sein Wunsch nach Harmonie und Zugehörigkeit bewegte ihn schließlich dazu, sich nach einer Stelle umzuschauen, auf der er bleiben konnte.
Im Coaching arbeiteten wir intensiv an seiner Persönlichkeitsstruktur. Es zeigte sich, dass er recht dominant, wenig empathisch, wettbewerbsorientiert und zielorientiert war. Im Laufe der Zeit wurde ihm bewusst, warum er in seinem Umfeld immer so unbeliebt war. Ich fragte ihn, ob er sich ändern wolle, um beliebter zu sein? NEIN! Eine klare Aussage.
Daraufhin schlug ich ihm vor, bewusst und entschieden als Interim Manager aufzutreten. Denn dann würde aus seiner Charaktereigenschaft, die von Mitarbeitern als negativ eingeschätzt wird, eine Stärke für den entsprechenden Chef bzw. Auftraggeber. Eine Entscheidung stand an: Sich ändern und anpassen, um (länger) in einem Umfeld bleiben zu können? Oder dabeibleiben, dann aber klar und entschieden als Interim Manager? Er wählte letzteres. Da er nun eine bewusste Entscheidung getroffen hatte, waren die Traurigkeit, Unzufriedenheit und Ambivalenz auf einen Schlag verschwunden.
3.) Multi-Interim: Verwirrung hoch Vier
Die Arbeit als Interim Manager ist herausfordernd – erst recht, wenn Sie in einer Multifunktionsrolle landen. So erging es dem Chef eines meiner Klienten. Dieser übernahm zeitgleich vier Rollen. Er war:
- Vorstand in einem IT-Unternehmen.
- Niederlassungsleiter eines Standorts im gleichen Unternehmen.
- Übergangsweise Projektleiter in einem wichtigen Projekt.
- Gefragter Experte in einem bedeutenden Thema.
Der Chef selbst fand das anfangs recht interessant: „Da bekomme ich extrem viel vom Unternehmen mit und bin immer up-to-date.“ Dass er sich dabei hoffnungslos verzettelte und eigentlich nur noch am Arbeiten war, konnte er für eine Weile verschmerzen. Die Wende kam, als sich die Schattenseiten der Multirolle offenbarten, die für die Mitarbeiter sehr verwirrend war. So war häufig unklar, aus welcher Rolle die aktuelle Anweisung kam. Sprach da der Vorstand, der Niederlassungsleiter, der Projektmanager oder der Experte? Die Folge: Seine Wirkung reduzierte sich und seine Strahlkraft verblasste. Daraufhin entschied er, sich nur auf zwei Rollen zu fokussieren: Vorstand und Niederlassungsleiter.
Was ich damit sagen will: Denken Sie bei MULTI-INTERIM auch immer an Ihre WIRKUNG und den möglichen NUTZEN oder auch SCHADEN, der damit für andere einhergehen könnte.
4.) Vom Interim Manager zur Festanstellung
Die Position des Interim Managers muss keine Einbahnstraße sein. So berichtete mir eine Klientin, dass sie einen Interim Manager für eine bestimmte Rolle „eingekauft“ hatte, weil ein wichtiger Fachexperte in der Kürze der Zeit nicht auf dem Markt zu finden war. Die Zusammenarbeit brachte für beide Seiten so gute Ergebnisse, dass ich meiner Klientin empfahl: „Frag ihn doch mal, ob er nicht fest für euch arbeiten möchte“.
Aus Erfahrung weiß ich: Ein Gespräch lohnt sich immer. Denn es gibt viele Interim Manager, die noch in der Schwebephase sind. Oft haben sich diese im Vorfeld erfolglos beworben und wurden aus der Not heraus Interim Manager. Da diese Gruppe ihre Position eher unfreiwillig einnimmt, ist sie auch offener für Angebote zur Festanstellung.
Mein Rat: Klären Sie Ihr Why!
Die Position eines Interim Managers ist herausfordernd, kann aber auch sehr erfüllend sein. Erfolg haben angehende Interim Manager meiner Erfahrung nach aber nur dann, wenn sie sich über ihre Motive wirklich im Klaren sind. Der Wunsch als Krisenmanager in kürzester Zeit etwas im Sinne des Unternehmens bewegen zu können, kann eine solide Basis für die Karriere als Manager auf Zeit sein.
Die Motive für eine Interimsposition können aber auch ganz anders gelagert sein. Vielleicht haben Sie Ihre aktuelle Stelle innerlich längst gekündigt und glauben, mit einer Interimsposition eine Abkürzung in ein neues Unternehmen und eine neue Position gefunden zu haben. Oder Sie nehmen den Job trotz Bedenken als Notlösung an, weil sich Ihnen aktuell wenig andere Möglichkeiten bieten. Beides sind leider denkbar schlechte Gründe, Interim Manager zu werden. Wenn Sie nicht für die speziellen Herausforderungen brennen und innerlich klar „JA!“ zu der Position sagen können, führt der Erfolgsdruck im Interim Management allzu oft zu extremer Überforderung – und letztlich zu einem Scheitern, das Sie bei einer erneuten Bewerbung als C-Level erstmal erklären müssen.
Suchen Sie Unterstützung – von Anfang an
Aus meinen eigenen Erfahrungen im Top-Management und aus über 30 Jahren Berufspraxis als Führungskräfte-Coach weiß ich, dass JEDE (!!) C-Level-Position anders ist. Der Wechsel ins Interim Management allerdings ist wegen seinen besonderen Anforderungen – sowohl in fachlicher Hinsicht als auch in puncto Stressresistenz – meist besonders anspruchsvoll. Wenn Sie wirklich Interim Manager werden wollen, sollten Sie von Anfang an Unterstützung an Ihrer Seite wissen. Denn wenn Sie in Ihrer Rolle als Krisenmanager ins Straucheln geraten, bleibt wenig Zeit zum Hilfesuchen. Immerhin wurden Sie als Problemlöser, Retter und Feuerwehrmann/Feuerwehrfrau engagiert – und sollen möglichst schnell ins Handeln kommen.
Neben Ihrem Arbeitgeber, der für ein schnelles und reibungsloses Onboarding sorgen sollte, ist daher schon in der Preboarding-Phase ein externer Sparringspartner oder Führungskräfte-Coach ratsam.
Als ehemalige Top-Managerin mit mittlerweile 30 Jahren Erfahrung im Führungskräfte-Coaching sorge ich dafür, dass Ihr Start kein Fehlstart wird. Im Coaching analysieren wir gemeinsam die individuellen Anforderungen, die Ihre Wunschposition mit sich bringt. In den ersten Wochen und Monaten unternehmen wir alles Notwendige, damit Sie in Ihrer neuen Rolle Fuß fassen und Ihr Unternehmen auf Kurs bringen können. Und auch darüber hinaus wissen Sie eine Gleichgesinnte an Ihrer Seite, die Ihnen nicht nur zum Gedankenaustausch, sondern als Kompass dient. Das ist nicht nur in Ihrem Sinne, sondern auch in dem Ihres Unternehmens.
Herzliche Grüße
Gudrun Happich
PS: Sie wollen Interim Manager werden und suchen Unterstützung, um sich bestmöglich auf Ihre neue Rolle vorzubereiten? Dann kontaktieren Sie mich unter info@galileo-institut.de – und wir erarbeiten gemeinsam eine Strategie!
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